Als ich ein Engel war

Montag, 24. Dezember 2012

Layla, Layla, Haru´ach goveret


Zwischen Gemüse putzen, staubsaugen und Kruscht aufräumen ist meine diesjährige Weihnachts-Predigt entstanden. Kurzfristig, nachdem ich heute Nacht beim Bücher aussortieren eine meiner Lieblingsschriften wiedergefunden und darin geschmökert habe: Eine Chronologie der Evolution, konzipiert von Rainer Harf und veröffentlich als GEO-Sonderheft vor Jahren. Ein Stündlein schon vor Tag sind ein paar ungeputzte Gedanken entworfen, sortiert und in aller Eile verschickt worden an meine Freundinnen im evangelischen Pfarrdienst der Württ. Landeskirche, die sich nicht zu schade sind, mit einem kath. Nachdenker zu dialogisieren.
Entzündet hat sich der Text an dem israelischen Lied Layla, Layla, Haru´ach goveret (Nacht, Nacht, der Windhauch geht), gesungen von Harry Belafonte auf einer sehr alten Platte namens The Many Moods of Belafonte.

Meinen geschätzten Pfarrfrauen habe ich Lied und Predigt mit einer Widmung überreicht::

Und immer dran denken: Weihnachten kommt bald wieder, in 364 Tagen, Weihnachten ist eigentlich immer, denn der Herr hat nicht alleine im Anfang erschaffen. Er hat es getan, und er schafft nach wie vor, und wird es immer tun, im Weibe und aus ihm, Ebenbild des Göttlichen und Quell des fortwährend Erneuerns, im Hinsterben und im Leben weiter Geben.
RW


Das Leben auf der Erde entstand in vollkommener Dunkelheit. Lange zuvor hatte sich die Herrliche Kraft entäußert, sich hingegeben, also zerteilt, in Kerne gepresst und mit Achterbahnen göttlicher Spannkraft umwölkt. Wie Myriaden Sandkörner zerflossen diese Unteilbaren [Merke: atomoi] im Weltall, breiteten sich rasend aus, beugten sich der gravitätischen Kraft der Elohim [Merke: Auch die Bibel spricht von Göttern im Plural und meint damit nicht selten auch die Menschen], häuften sich zu Klumpen, die leuchteten und so schwer wurden, dass sie andere einfingen und um sich tanzen ließen wie Schleuderballerinas. Und sie tanzen noch heute, bis ihr Schwung nachlässt und sie ins Feuer zurück stürzen werden.
Eine darunter, am Rande der Welt: Die Erde. Sie war tohu wa bohu, wüst und leer. Ein Dampfdruckkochtopf, mit dröhnendem Wasserkreislauf aus Eis, Wasser und Dampf, in dem die Gewalten wie himmlische Herrlichkeiten im ewigen Fluss der Energien auf- und niederströmten.
Schmale Gesteinsschlote, porös wie Schwämme, waren in der Tiefe der Ozeane von saurem Wasser umspült. Durch Eisensulfidkammern in ihrem Inneren strömte heißes, basisches Quellwasser aus der Rinde des Planeten und brachte Gaben mit, die es dem jungen Erdlein sozusagen vor die Krippe schwemmte: Ammoniak, Wasserstoff, Methan, Schwefelwasserstoff und einfache Verbindungen dieser Stoffe mit Phosphor [Merket auf: phosphoros = „Licht tragend“; Lucifer].
Im Gemisch von Laugen aus dem Quellwasser und Säuren aus dem Meerwasser bildeten sich Zuckerverbindungen, Aminosäuren und Nukleinsäurebasen. Diese fünf Basen - Weiber also, man höre! - heißen Adenin, Guanin, Thymin, Cytosin und Uracil. Sie verbanden sich zu Ribonukleinsäuren, langen Ketten, den ersten Molekülformen, die sich selbst reproduzieren konnten. Peptide nennt man diese Proteine seit wenigen Jahrzehnten. Sie fügen sich zu Eiweißen. Die Ribonukleinsäuren bestimmten hinfort, zu welchen Eiweißen die Peptide sich fügen sollten. Ähnlich der RNS bilden sich die Moleküle der Desoxyribonukleinsäure, mit Doppelstrang, in der Baupläne für Erbinformationen gespeichert sind: Der Kreislauf des Lebens war begonnen. Das Leben weste in Zellen, die sich ernähren und die sich teilen: Essen und Fortpflanzen, Plan des Schöpfers.
Und so ging es hernach 4 Milliarden Erdenjahre. Einzeller und Bakterien formten sich. Und ihre Gegenspieler, die Viren, das Böse in der Welt, Abart des Guten. Und schließlich bilden sich die Ahnen der belebten Welt, die gemeinsamen Vorfahren der drei Kinder dieser Schöpfung: Pflanzen, Pilze und Tiere. Und aus den Tieren der Mensch, in seiner Urform des Weibes, bereits vorgezeichnet in jenen Peptiden und Nukleinsäureketten, befähigt zum Wechseln der Stoffe und zur Weitergabe des Lebens. Das Weib: Prototyp des Göttlichen und Abbild seiner selbst, schön an Gestalt und wild im Leben, verschlingend und gebärend, fordernd und schenkend, ungestüm und bergend.
So vielschichtig ist das Menschenweib geworden, vitale Herberge für Pilze, Bakterien und Viren, wärmender Bauch und schlagendes Herz, atmender Busen und nährende Brust, dass alsbald die Herrlichkeit der göttlichen Kraft zum Weibe kam, um in ihm Wohnung zu nehmen und das Lebendige immer wieder neu zu schaffen, von der Wiege bis zur Bahre, von der Krippe bis ans Kreuz.
Das ist die Nacht der Nächte, in der Engel singen und Schafe blöken, Frauen ihre Kinder zur Welt schreien, und alle Welt sich wiegen und weinen kann in der rauchigen Stimme von Harry Belafonte: Layla, Layla, Haru´ach goveret.

Stellvertretend für ihn Esther Ofarim:
http://www.youtube.com/watch?v=_WpWlWkiMY8



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