Als ich ein Engel war

Freitag, 25. Februar 2011

Vom Weibe (1): J.W.v.Goethe

Goethes Drama Faust - der zweite Teil - endet mit diesen Versen:


                            Chorus Mysticus
Im Spiegel, den Mephisto Dr. Faustus
vorhält, sieht dieser ein Weib.


                           Alles Vergaengliche
                           Ist nur ein Gleichnis;
                           Das Unzulaengliche,
                           Hier wird´s Ereignis;
                           Das Unbeschreibliche,
                           Hier ist es getan;
                           Das Ewigweibliche
                           Zieht uns hinan.


Diese Verse, vielmehr die letzten beiden, sind weltberühmt. In der vorletzten Zeile ist das "ist es" manchmal als "ist´s" gedruckt. Soll aber nicht dem Original entsprechen. Was mit dem Ewigweiblichen gemeint ist (das gelegentlich auch mit Bindestrich geschrieben wird, obwohl eine Originalhandschrift Goethes keinen Bindestrich verwendet) hört man kurz zuvor: Es sind die verschiedenen Rollen des Weiblichen, die Jungfrau, die Mutter, die Königin, die Göttin. Alle vier Begriffe oder Bilder sind Archetypen im Sinne des Schweizer Psychiaters C.G. Jung.

Als Papst Pius XII am 1. Noveber 1950 das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel verkündet hatte, gab Jung seinem Institut einen Tag frei. Dieses großartige Bild müsse gefeiert werden.

Und dann gibt es noch manche Zwischenstufen und Verbindungen dieser Rollen des Weibes: Das Kind, die Nymphe, die Schwester, das Eheweib, der (!) Engel, die Madonna, die Domina, die Hure. Ich werte nicht mit diesen Begriffen. Ich teile damit auch nicht in Klassen ein, und ich stecke nichts in Schubladen. Ich betrachte und lasse mich ganz von meinen Empfindungen und Erfahrungen leiten, und von den Bildern die sich mir dazu öffnen.

In welcher Beziehung das Ewigweibliche zu Dr. Faustus selber steht, zum Manne, ist mehrdeutig und kann erörtert werden.

Gestern habe ich einer kleinen Runde lieber Menschen angekündigt, ich wolle meine "Gedanken zum Weibe" nun doch einmal aufschreiben. Dies ist der Anfang.

2 Kommentare:

  1. Zwei Gedanken:
    Das Problem beim "Ewigweiblichen" ist, dass diese Rede letztlich davon ausgeht, dass der Mensch ein Mann ist. Die Frau ist "das Andere". Der Mann ist die Norm.
    Die Archetypen sind natürlich immer noch sehr stark - ich behaupte: was Frauen betrifft stärker als bei Männern. Denn wehe, eine versucht, nicht in ihrer zugewiesenen Rolle zu bleiben, sondern mehrere zu leben. Wenn nicht klar ist, ob Du Eva oder Maria bist, dann kanns anstrengend werden für dich.
    Und noch ein Buchtip: Mithu M. Samal: Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Kann in jedem gut sortierten Pfarrhaus ausgeliehen werden ;-)

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  2. Mag sein, dass Goethe das noch so gesehen hat. Die Sehnsucht, das Hinangezogenwerden, ist jedoch universal, und kann von einem Mann nur so erlebt werden, weil er nichts anderes erlebt, solange er unterwegs ist in terra. Ob er nun den menschen als Mann sieht oder moderner denkt. Als Mann dominiert ihn diese Einbahnstraße: Zum Weibe hin, und er übersieht, dass er vieles davon auch in sich selber fände, wenn ihn die Erziehung durch das Weib (Mutter) diesen Horizont nicht genommen hätte, zumeist. Das kann eine Frau nicht a priori empfinden, weil sie nicht in der Diaspora der Schöpfung steht, bildlich, wie der Mann.
    Aber jetzt sind wir ja schon mitten drin. sehr spannend. Mindestens 100 Fortsetzungen will ich schreiben, und ich freue mich auf mich hinanziehende Wesen und gedanken...

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