Vom Werden der Spätzle aus Mehl und Wasser
Eine Schöpfungshexalogie
Tag 1
Schon viele haben sich darangemacht, über die an uns vollbrachten Taten Bericht zu erstatten, wie sie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener der vollen Spätzlesschüssel geworden sind. Und auch mir - der ich allem von vorn an genau nachgegangen bin - ward der Entschluss: es für dich, hoch geehrter Leser, der Reihe nach niederzuschreiben, damit du die Sicherheit der Handreichung erkennst, über die du schon vielfach und unterschiedlich unterrichtet worden bist.
Soweit meine Einleitung. Wer das Vorbild des Textes erkennt, kriegt von mir eine Schüssel Spätzle aus einem ganzen Kilo Mehl, samt 8 Eiern, Salz und Bodenseewasser. In echt, wie mein Paule sich versichern lässt, der aber leider Spätzchen und nicht Spätzle sagt.
Eine ausgiebige Prüfung aller mir zur Verfügung stehender Kochanleitungen, und das sind weit mehr als 60, 70 Stück, wenn´s reicht, sowie eine synoptische Gegenüberstellung der darin aufgefundenen Spätzle-Rezepturen, unter Berücksichtigung der brandaktuellen Ansichten in Wikipedia, ist zu einem Ergebnis gekommen, das als abschließende Würdigung und zusammenfassende Summe des Wissens über das Spätzle an sowie seine Herstellung und seine Verwendung in der gepflegten Küche mit Rauscherlebnis, wie ich sie pflege, gelten wird. Eine Hommage an den Inbegriff von Stoffwechsel auf höchstem Niveau: Mein Spätzleskonzept mit Gültigkeit bis in alle Ewigkeit. Amen.
Im gesamten WWW wird von niemandem berichtet, der je, hat man ihm einen Schlag Spätzle hingestellt, mit Soße oder Käse oder grünen Bohnen oder gar nackend, so wie sie aus des Wassers Schoß geboren werden, geäußert hätte, das schmecke nicht. Im Gegenteil, ähnlich wie der erste Kuss schon beim drängenden Jüngling und der anschmiegenden Jungfrau bebendes Verlangen nach dem zweiten und allen folgenden hervorbringt, und geradezu schlagartig lustvolle Hörigkeit und Sehnsucht nach Ewigkeit dieses Glücks (Nietzsche) der Begegnung mit dem so ganz Anderen und doch Seelenverschlungenen bewirkt, so bricht ein Schlag Spätzle - vor allem als Erstschlag - bei Neulingen auf dem Gebiet des Siedeteig-Essens - denn um nichts anderes handelt es sich! - jeden Widerstand gegen das Schwäbische an sich, das ja weltweit mit unverständlichen Vorbehalten zu tun hat, die seine herausragende Rolle am heimischen Herde überdecken.
Freilich bleibt ein gewisser Widerspruch! Wie können rechthaberische, zwischen Iller, Bodensee, Schwarzwald und Odenwald ansässige Raubautzen, besser: deren Weiber, wie können diese ins Grübeln verbohrte Probestücke des Schöpfers, die deswegen nicht selten mit Kröpfen, krummen Rücken, Knollennasen oder klobigen Fingern daher kommen müssen, wie können die - so fragen nämlich die Nationen der Welt - ein so himmlisches Gericht schaffen, dessen Existenz wenigstens einen sechseinhalbten Schöpfungstag rechtfertigte, bevor der Herrgott sich am siebenten auf´s Sofa begab?
Diese Annäherung an Genesis, Kapitel 2, Vers 3, das Ruhen nämlich nach getaner Arbeit, für den Schwaben nicht anders vorstellbar als auf dem Sofa, ist sozusagen eine Verwirklichung des voran gegangenen Abschnitts aus Genesis Kap.1,V26a: Ein Bild, das uns gleich sei. (Man beachte den Plural! Gott spricht von sich, im Leibnitz´schen Sinn, nicht als Monade, sondern von Vielen, die er sei.) Dieses Bild trifft man jeden Sonntag in schwäbischen Stuben an, wenn der Schwabe nach sechs Tagen gewalttätigen Schaffens und einem hofrechten Kirchgang seinen Hauptschlag Spätzle vertilgt hat, ein Kirschengeist auch nicht mehr geholfen hat, und er für eine Weile auf´s Sofa muss.
Kurzum, in den folgenden Tagen will ich meiner verehrten Leserschaft die Grundzüge der Spätzlesmacherei mit einer finalen Arbeitsanleitung nahebringen, die ich jahrelang erprobt und verfeinert habe. Möge dies zur Vertiefung kultureller Integration führen, die ja neben der Sprache auch durch die Machenschaften aus der elementaren Küche ermöglicht und vollzogen wird.
Befreunde dich schon mal mit der Vorstellung der Zutaten für vier Personen:
400 Gramm Mehl,
1 Teelöffel Salz,
3 Eier,
[Hier stehen später die Zutaten für unglaubliche Varianten]
1 Viertele eiskaltes Wasser.
Zuvor allerdings müssen wir die Werkstatt und die Werkzeuge beschreiben. Spätzle zubereiten erfordert einen gehörigen Aufwand und Arbeitsschritte, die unverzüglich vonstatten gehen müssen, hat man erst einmal angefangen, den ersten Schlag Teig in die Presse, auf´s Brett oder über das Sieb zu praktizieren.
Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag, ihr Lieben! Und damit ihr eine Vorstellung bekommt, wohin es lang gehen soll, hier zwei Fotos aus Wikipedia, wo man unter Spätzle zuerst das versteht, was bei uns Knöpfle heißt. Und erst danach folgt ein eher übersichtliches Arrangements der schwäbischen Vorstufe zum Himmel. Dieser Vergleich sei erlaubt. Hat doch meine Pfarrerin bei ihrer Investitur davon gepredigt, der Himmel oder der Liebe Gott oder beide schmeckten wie die Gnocchi eines ihrer Bekannten. Bei aller Liebe, Frau Pfarrerin, Gnocchi macht man aus Kartoffeln. Die hat man hier erst angebaut als Friedrich II. in Potsdam regierte. Die Zutaten von Spätzle waren indes schon Eva bekannt. Ohne solche im Leibe hätte sich Adam nämlich konzentrieren können und die Apfelangelegenheit zum naschenden Nachtisch sicherlich anders entschieden. Möglicherweise brauchte er auch den Apfel mangels eines verdaungsfördernden Obstlers, den es damals noch nicht gab. Der Arme muss indessen von seiner Leibspeise so gefangen genommen worden sein, dass ihm alles egal war. Was Frauen ja klug zu nutzen wissen, ob verheiratet oder kurz davor...
Linsen mit Spätzle und Saitenwurst
es wird schon an dem spätzles brett scheitern, ich lass mich lieber einladen;-)
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