Öffne mich, Göttin!

Brother Antoninus O.P.

Vernichte in mir meine Mannheit

„Der Herr gibt diese Gnade mehr Frauen denn Männern; Ich hörte den heiligen Fra Peter von Alcantara das sagen, und ich habe es selbst beobachtet. Er pflegte zu sagen, dass Frauen auf diesen Pfaden viel weiter kämen als Männer, und er gab sehr gute Gründe dafür, alle zugunsten der Frau, die hier zu wiederholen nicht notwendig ist.“ - St. Terese von Avila

Vernichte in mir meine Mannheit, Herr und mache

Mich weib-geschlechtlich und schwach

Wenn ich durch diese Umwandlung

Dich nur besser erkennen kann.

Was ist denn der Wert meines eigenen Geschlechts,

Wenn der kühne Instinkt zu besitzen

Dich nur beiseite stößt.

Welch Nutzlosigkeit ward meinen Lenden zuteil,

Zu treiben, zu treiben, die wuchernde Hoffahrt des Lebens.

Wenn doch, was nottut, ehrfürchtige Stille ist.

„Die Seele ist weiblich für Gott“,

Und harrt der Durchdringung,

Der fruchtbar einfließenden Gnade. Wie aber ist

Zu erlangen das urhafte Niedersinken jener Ruhe,

Jenes wachsame, all-erwartende Schweigen der Seele,

In welchem der Liebende sein eigenstes Gebiet betritt,

Ihr sich hingibt, und ihr nur allein?

Wie kann ein Mann auf sich nehmen jenes Verborgensein des Herzens

Wenn er männlich ist, ganz und gar männlich

Voll dumpfen männlichen Hungers? So gib mir denn

Ein Mädchen-Herz, eine Jungfrau-Seele, mache mich weib-gefügig, magd-demütig;

Merze aus mir die rohe bezwingende Flut,

Die wie ein zorniger Strom hindurchbraust,

Forthöhnt die sanfte Berührung Deiner Lippen, schaumblendet

Der Seele Sicht aus ihrer großen Verzückung hinweg.

Überschreit die kostbar himmlische Melodie.

Rastlos schäume ich. Der Zweck des Geschlechts ist Vereinen,

Vereinen allein. Hier klebt es nur aneinander,

Macht den Menschen zum nichtigen Affen Gottes, ganz Affe

Und nicht Braut, reißt an sich die Antriebsfunktion, kehrt alles um;

Und in dieser verzerrten Umkehrung gefangen

Zieht es den Bedürftigen fort von dem nie-endenden Bedarf, lenkt es

Den Sucher ab von dem Ziel seiner Suche.

Brother Antoninus war Dominikaner-Mönch in den USA und gehörte zur Beat-Generation, einer losen Gruppe bzw. einer Epoche US-amerikanischer Lyriker und Schriftsteller in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die berühmtesten Vertreter dieser literarischen Richtung sind Allen Ginsberg und Jack Kerouac.

Das Zitat der Hl. Teresa von Avila ist vom Autor zwischen Überschrift und Gedichttext eingefügt. Antoninus sehnt sich nach weiblicher Empfängnisbereitschaft für den göttlichen Liebesstrom, dem seine eigene Männlichkeit hinderlich ist.

Ein kantiges aber schönes Gedicht / Gebet, das während meiner Ausbildung in Sprecherziehung zu meinen Lieblingsgedichten gehört hat.