In der Nürtinger Zeitung war eine Fotoseite vom Projekt Zeitung in der Schule. Fast überall dasselbe Motiv: Zeitung in der Schule eben. Das habe ich ergänzt durch ein paar Tipps, wie man in meiner Kindheit und Jugend mit Zeitungspapier schöpferisch und sparsam umgegangen ist. Und ökologisch. Allenfalls das Vesper im Zeitungspapier kann Kritik hervorrufen. Ich sehe aber noch die Bauarbeiter, wie sie ihre Zeitung zuerst gelesen, dann auf dem Holzdiel ausgebreitet und ihren Backsteinkäs drauf geschnitten haben. Oder die Schinkenwurst. Und wenn das Bier aus der Flasche geschäumt ist, gab das Papier den saugenden Bierdeckel ab. Und nach der Pause hat man Mund, Messer und Hände am Blatte abgewischt und ist damit zum Abtritt gelaufen...
LB an die NZ vom 26. November 2006
Reinmar Wipper, Nürtingen. Die malerischen Klassenfotos zur Rubrik „Zeitung in der Schule“ erfreuen das Auge. Malerhüte auf den Köpfen, so weit man schaut. Bevor dieser Anblick aber zur Dauereinrichtung wird, biete ich ein paar Methoden aus meiner Nachkriegskindheit an, die Tageszeitung als universelle Lebenshilfe zu nutzen. Manche davon sind in Vergessenheit geraten, andere immer noch im Gebrauch des sparsamen schwäbischen Haushalts. Es sind auch Tipps für den Fotografen, um damit der Routine des ewig gleichen Stellbildes zu entkommen.
Eine ganze Klasse, die ihre nassen Stiefel mit geknülltem Zeitungspapier ausstopft, hätte doch was. Oder nasse Schuhe in Reih´ und Glied auf einem Zeitungsfries vor der Klassentüre. Sodann die Zeitung als Sitzunterlage, wenn es den Popöchen zu kalt ist nach dem Lüften in der Pause, als Putzlumpen für Grobdreck und die Tafelrinne. Ebenso eine Lage Papier vor der Brust im Anorak, bei Lerngängen in die eisige Natur. Dazu braucht´s allerdings schon eine ganze Lage Lokalseite, sonst wärmt nichts. Oder aber die gute alte Pappmachée-Methode, um Kasperlesköpfe zu modellieren, das Geschenkeinwickelpapier, ja, man kann sogar aus einigen gerollten Zeitungsseiten einen spontanen Blumenstrauß reißen.
Sodann der Haushalt. Eine ganze Schülergruppe auf der Jagd, mit der Zeitung, schmal gefaltet, als biosaugfähige Fliegenklatsche. Zeitung als Unterlage beim Hausaufgabenmachen, malen, schneiden und kleben. Zeitung dicklagig als Schrankpapier oder auf dem Küchenschrank saugt das Fett aus der dampfigen Luft und lässt sich alle drei Monate problemlos austauschen. Zeitung als kurzzeitige Kühlhülle für den Blumenkohl- oder Salatkopf auf dem Balkon. Zeitung als Einwickelpapier für das Schulvesper, den Tiefkühleinkauf, als Saugeinlage für den Schulranzen (gegen ausgelaufene Füller). Zeitung als Frostschutz auf der Windschutzscheibe, als Unterlage für wacklige Stühle, als Fenstersperre, oder als Klopapier. Mein Opa hat beim wöchentlichen Zuschnitt mit dem Brotmesser aus einer Doppelseite 32 Blatt gewonnen! Vor dem Gebrauch allerdings fein mürbe knüllen, wegen der Griffigkeit. Denkbar wäre auch ein Wettbewerb „Was kann die Zeitung Gutes tun – Ehrenamt auf papierenen Wegen“. Der Möglichkeiten sind noch lange nicht genug, aber hier soll´s vorerst damit sein. Um die Fantasie nicht ganz zu blockieren.
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